Umzüge brechen während der Coronakrise ein
Umzüge brechen während der Coronakrise ein

homegate.ch-Umzugsreport 2020: Umzüge brechen während der Coronakrise ein

Die Coronakrise und die damit zusammenhängenden verordneten Massnahmen setzten der anhaltend stabilen Umzugsdynamik ein jähes Ende. Im April brachen die Umzüge schweizweit um 6% ein, in der Westschweiz und im Tessin sogar zwischen 15 und 30%.

Insgesamt war die Umzugsdynamik in der Schweiz stabil bis zur in diesem Frühjahr eintretenden Pandemie. Dies zeigt eine Analyse der bei der Schweizerischen Post eingegangenen Nachsendeaufträge für den Zeitraum zwischen Januar und Juni 2020. Während der März dieses Jahres fast 3% über dem Vorjahr lag, zeigte sich im April ein deutlicher Rückgang: schweizweit zogen 6% weniger Haushalte um als im Vorjahr. Im Mai waren die Massnahmen und die Zurückhaltung der Bevölkerung bei Umzügen weiterhin spürbar. Der Wert lag 1% tiefer als im Vorjahr. Im Juni setzte dann die Erholung ein. Die ausgesetzten Umzüge zogen wieder an und lagen 1% über dem Vorjahr.

Umzüge brechen während der Coronakrise ein

Umzüge in der Westschweiz und im Tessin waren besonders betroffen

Das Umzugsverhalten war in einigen Regionen besonders stark von der Pandemie betroffen. Eine Auswertung nach Kanton ergibt, dass die Westschweizer Kantone (VD, GE, NE) und das Tessin deutlich stärker betroffen waren: 15 bis 20% weniger Haushalte sind hier im April umgezogen.

Umzüge brechen während der Coronakrise ein

Die Anzahl der Umzüge lag besonders während der Monate April und Mai deutlich tiefer. Das hängt ohne Frage mit den höheren Infektionszahlen und deshalb restriktiveren Massnahmen dieser Kantone zusammen. Besonders interessant ist das Tessin: der Rückgang der Umzüge setzte hier bereits im März ein, was auf die geographische Nähe zum Epidemie-Herd in Norditalien zurückzuführen ist. Umgekehrt zeigte sich dann im Juni ein Nachholeffekt. Die Umzüge kletterten im Juni 2020 auf einen Wert von 10% über dem Vorjahr. Allgemein gingen die in der romanischen Schweiz verhängten Restriktionen weiter als diese des Bundes. Die Kantone Genf und Tessin schlossen zeitenweise Baustellen, so dass kurz vor Vollendung bzw. Bezug stehende Projekte stillstanden.

Umzüge brechen während der Coronakrise ein

Überdies erschwerte die Einschränkung der Personenfreizügigkeit die Umzüge über die Landesgrenze hinweg. Die Umzüge ins Ausland lagen im April bzw. Juni zum Vorjahr 30% bzw. 20% tiefer. Der Effekt der Pandemie hielt also weitaus länger an als bei den Inlandsumzügen. Kantone mit Landesgrenzen zu Italien und Frankreich zeigten stärkere Rückgänge im Vergleich mit diesen zu Deutschland oder Österreich.

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Umzugsverhalten zu Beginn der Coronakrise

Die Lage war prekär zu Frühlingsbeginn. Der Bundesrat schuf ab dem 16. März schrittweise schweizweit geltendes Notrecht. Aufgrund der aktuellen Lage wurde zunächst vom Umziehen abgeraten. Verbände der Immobilienwirtschaft sowie Zügelunternehmen und Bewirtschafter sprachen sich aber vehement gegen umfassende Einschränkungen bei Umzügen aus. Lösungen für die Wohnungsübergaben- und Übernahmen wurden gefunden und dem Bundesrat entsprechende Empfehlungen gemacht. Die Diskussion war brisant, denn der 31. März ist in fast allen Kantonen ein ortsüblicher Kündigungstermin. Ausgesprochene Kündigungen sowie neu abgeschlossene Mietverträge und bezahlte Mieterkautionen befanden sich in der Schwebe.

Der Bundesrat folgte aber letztlich den Empfehlungen der Interessensgruppen und erliess am 27. März per Verordnung, dass Aus- und Einzug unter der Einhaltung der Empfehlungen betreffend Hygiene und sozialer Distanz des Bundesamtes für Gesundheit zulässig bleiben. Dies kam all denjenigen entgegen, die auf den ordentlichen Kündigungstermin bereits Ihren Umzug geplant hatten. Diese Umzüge blieben damit im April und Mai möglich. Der Rückgang hielt sich folglich schweizweit in Grenzen, manifestierte sich aber im stärker durch Infektionen betroffenen Tessin und in der an Frankreich grenzenden Westschweiz am stärksten. Vor der Pandemie zeigt sich hingegen lange ein stabiles Bild bei den Umzügen.

Vor Corona stabil – die Liquidität im Schweizer Wohnungsmarkt zeigte sich 2019 beständig

Die ausserordentliche Lage verursachte wie erwähnt einen deutlichen Ausschlag bei den Umzügen. Eine derartige Abnahme ist speziell, weil Umzüge allgemein durch eine hohe Stabilität charakterisiert sind. Das ergibt eine Auswertung der vergangenen Jahre, für die die jährliche Umzugsquote berechnet wurde.

Die Umzugsquote setzt die Anzahl Umzüge ins Verhältnis zum Wohnungsbestand und gilt als Mass für die Liquidität im Immobilienmarkt. Je höher die Umzugsquote, desto liquider ist eine Marktregion. Die Umzüge werden dabei in drei Kategorien unterteilt: Umzüge innerhalb eines Kantons (bzw. Bezirk oder Gemeinde), Zuzüge aus der übrigen Schweiz und Zuzüge aus dem Ausland.

Von Januar bis Dezember 2019 sind knapp 425‘000 Haushalte innerhalb der Schweiz umgezogen. Damit liegt 2019 in einem sehr ähnlichen Rahmen wie die letzten drei Jahre. Die Zuzüge aus dem Ausland liegen mit rund 65’000 ganz wenig unter dem langjährigen Durchschnitt, aber etwas höher als bei der Umzugsstudie vor drei Jahren. Die Umzugsquote lag 2019 bei 9.3%, d.h. rund jeder 11. Haushalt in der Schweiz wechselte die Wohnung. Am mobilsten sind kleinere Haushalte von 1 oder 2 Personen.

Städte dominieren Umzugsdynamik

Was die Umzugsquoten auf Bezirksebene angeht, zeigt sich keine grosse Verschiebung. Zwischen 2017 und 2019 war die Liquidität weiterhin hoch im Bogen zwischen Mittelland und Bodensee.

Die höchsten Quoten von über 10% werden unverändert in den Städten- und Stadtkantonen gemessen, allem voran in Zürich und Lausanne mit 13.3 bzw. 12.3% im Jahr 2019. Grund für die höheren Umzugsquoten in den Grossstädten ist nicht nur der liquidere Arbeits- und Mietwohnungsmarkt, sondern auch der deutlich höhere Einwanderungsanteil. In Zürich macht dieser ein Viertel aus, in Genf und Lausanne sogar je rund ein Drittel.

Bautätigkeit und Umzüge zeigen hohe Wechselwirkung

Der Zusammenhang zwischen Umzügen und dem Wohnungsbau lässt sich am besten mit der folgenden Grafik auf Bezirksebene visualisieren. Abgebildet sind Umzugsquote und Mietwohnungsbau, d.h. die jährlich neu erstellten Wohnungen im Verhältnis zum Wohnungsbestand.

Neubauprojekte locken jeweils Neuzuzüger an. Zudem lenken Immobilienentwickler ihre Bautätigkeit jeweils dorthin, wo die Liquidität hoch ist, also wo viele Haushalte hinziehen. Daher ergibt sich allgemein ein enger Zusammenhang zwischen Umzugsquoten und der Bautätigkeit im Mietwohnungsbau. In der Regel liegen die Umzugsquoten dort höher, wo rege gebaut wird und umgekehrt.

Eine weitere, wichtige Information ist der Mietwohnungsleerstand einer Region. Er gibt Auskunft über das regionale Marktergebnis, also ob das neu geschaffene Angebot durch die Zuzüge soweit absorbiert wurde. In der Grafik ist die Miet-Leerwohnungsziffer als Kreisgrösse angegeben. Sie setzt leere Mietwohnungen ins Verhältnis zu allen Wohnungen. Je grösser der Kreis, desto höher der Leerstand. Ein Beispiel für einen gut funktionierenden Markt zeigen die Zürcher Bezirke Dietikon, Uster und Bülach (in dunkelrot). Der Mietwohnungsbau ist in diesen vergleichsweise hoch. Es wird also fast nirgends so viel Wohnfläche realisiert wie hier, dennoch liegen die Leerwohnungsziffern mit 1.2 bis 1.8% aber tief, weil genügend Zuzüger in die neugebauten Wohnungen ziehen. Das belegen auch die hier relativ hohen Umzugsquoten von 9.6 bis 11.4%.

Anders sieht es aus im Tessin, wo deutlich tiefere Umzugsquoten mit wenig Bautätigkeit einhergehen. Die Bezirke Locarno, Lugano, Mendrisio und Bellinzona (in grau) bilden die Schlusslichter bei den Umzugsquoten und zeigen auch einen verhältnismässig tiefen Mietwohnungsbau (meist unter 1%). Die Leerwohnungsziffern liegen nach der Entwicklung der letzten Jahre auf einem höheren Niveau als anderswo, was auf die stärkere Bautätigkeit der vergangenen Jahre zurückgeht.

Umzugsflüsse unter der Lupe

Der homegate.ch-Umzugsreport in Zusammenarbeit mit der Zürcher Kantonalbank erscheint dieses Jahr bereits zum fünften Mal. Selbstverständlich ist auch 2020 eine neuartige Analyse dabei: es wurden erstmals Umzugsflüsse ausgewertet. Das heisst, es wurden die genauen Beziehungen zwischen Quell- und Zielgebieten angeschaut. Anders ausgedrückt: ein Umzugsstrom zeigt, wie viele Haushalte von wo nach wo, beispielsweise von Zürich nach Bern, während eines Jahres umziehen. Im unteren Teil haben Sie die Möglichkeit, selbst kleine Analysen auf Gemeindeebene für das Jahr 2019 durchzuführen. Zunächst folg aber eine vertiefte Betrachtung der Umzugsflüsse für die Zürich, Aargau und Lausanne.

Anhaltende Dynamik in Zürich

Die mit Abstand höchste Liquidität findet sich seit Jahren in der Stadt Zürich. Das ist nicht verwunderlich. Nach wie vor ist die Stadt aufgrund der Situation am Arbeits- und Bildungsmarkt ein Magnet, weshalb sich auch die Bautätigkeit hier konzentriert. Die innerstädtische Umzugsquote liegt bei hohen 13.6%, was eine durchschnittliche Belegungsdauer von rund 7 Jahren ergibt. Diese verhältnismässig tiefe Dauer geht darauf zurück, dass in Zürich die meisten Leute zur Miete wohnen. Nicht auszuschliessen ist hier zudem der Effekt der an Popularität gewinnenden möblierten Wohnungen, die viel kürzere Belegungsdauern zulassen. Wie bei anderen Städten ist auch Zürich zudem für Zuwanderer attraktiv. Einwanderer machen hier einen Viertel aller Zuzüge aus. Dominierend sind aber nach wie vor innerstädtische Umzüge. 48% der umziehenden Haushalte wechseln ihre Wohnung innerhalb der Stadtgrenzen. Dies ergibt die erstmals durchgeführte Auswertung auf Quartiersebene.

Grösste Umzugsfreude im Westen Zürichs

Bei den Umzügen innerhalb der Stadt sind zwei Trends sichtbar: Wie erwähnt präsentiert sich einerseits eine rege innerstädtische Dynamik, allem voran in den westlichen Stadtquartieren Hard, Sihlfeld und Escher-Wyss. Die meisten Haushalte ziehen innerhalb dieser Quartiere um. Von den insgesamt 15’000 Umzügen innerhalb der Stadt, sind rund 70% mit einem Quartierwechsel verbunden. Andererseits finden viele Wechsel zwischen den am Rande liegenden Wohnquartieren statt, zum Beispiel zwischen Altstetten und Albisrieden oder Schwamendingen und Oerlikon. Werden die Stadtgrenzen verlassen, zeigen sich die beliebtesten Destinationen in der Nähe des vorherigen Wohnquartiers: Von Zürich Altstetten zieht die Mehrheit der Haushalte in dem Fall nach Schlieren oder Dietikon während von Schwamendingen eher nach Dübendorf gezogen wird. Eher unwahrscheinlich ist ein Umzug von einem Vorort direkt ins Zentrum oder in das Seefeld-Quartier. Die Umzugsdistanzen in der Agglomeration sind tendenziell eher kurz. Umzüge wie von Altstetten nach Schwamendingen kommen weniger vor als solche zwischen Altstetten und Schlieren. Die Vertrautheit der näheren Quartiere scheint eine bedeutende Rolle zu spielen.

Umzugsdynamik im Aargau ist getrieben durch Mittelzentren

Der Kanton Aargau gehört wie der Kanton Zürich zu den dynamischeren Regionen, die Umzugsquote beträgt (inklusive Zuzüge aus dem Ausland) rund 10.6% im Jahr 2019. Ähnlich wie im Kanton Zürich ist die Umzugsquote hier getrieben durch Umzüge innerhalb des Kantons. Im Gegensatz zu Zürich liegen die Zuzüge aus dem Ausland aber viel tiefer, nämlich bei 1.1% des Wohnungsbestands. Deutlich höher liegt aber die Quote der Zuzüge aus den übrigen Kantonen, sie beträgt 2.4%. Dies zeigt sich auch auf Quartiers-Ebene.

Der grösste Anteil an Zuzügern in den Kantonshauptort Aarau kommt aus den übrigen Kantonen. Rege Umzugsflüsse finden zwischen Aarau und den angrenzenden Ortschaften Buchs und Suhr, etwas weniger mit der Ortschaft Aarau Rohr, statt. Absolut gesehen lassen sich die meisten Zuzüger im Kantonshauptort Aarau nieder. Weitere Agglomerationen mit hoher Zahl beidseitiger Umzugsflüsse finden sich zwischen Baden-Wettingen-Neuenhof, Baden und Ennetbaden sowie zwischen Lenzburg und Staufen. Anders als im Kanton Zürich oder dem Waadtland, wo innerkantonale Umzüge dominieren und die Kantonshauptorte eine übergeordnete Rolle spielen, ist die Umzugsdynamik des Aargau also von aussen her getrieben durch Zuzüge aus anderen Kantonen und innerhalb durch eine rege Dynamik zwischen den Mittelzentren und deren Agglomerationen, namentlich Aarau, Baden oder Lenzburg.

Zuzug höher im Lavaux als im Westen Lausannes

Der Kanton Waadt ist derjenige Kanton mit dem höchsten Anteil an innerkantonalen Umzügen, noch vor Zürich. Die meisten Umzüge sind mit einem Quartiers-, Gemeinde- oder Bezirkswechsel verbunden. Im Gegensatz zu anderen Kantonen zeigt das Waadtland mit einer Quote von 2.8% einen sehr hohen Anteil an Zuzügen aus dem Ausland, was besonders durch den Kantonshauptort Lausanne getrieben wird. Nur die Kantone Genf und Basel-Stadt haben höhere Anteile an Zuzügen aus dem Ausland.

Die höchsten Umzugsquoten im Raum Lausanne finden sich in den Quartieren im Zentrum der Stadt mit Umzugsquoten grösser 10% sowie in den östlich von Lausanne gelegenen Ausläufern des Lavaux (Les Monts-de-Pully, Belmont-sur-Lausanne sowie La Conversion). Während in der Stadt die grössten Umzugsanteile auf Umzüge innerhalb der Gemeinde zurückzuführen sind, kommen die meisten Zuzüger im angrenzenden Lavaux aus dem Rest des Kantons. Deutlich weniger Liquidität zeigen die Quartiere im Westen der Stadt. Die Zuzugsquoten liegen hier meist unter 8%.